Die Maßnahmen, die in Der Juden Messias durchgesetzt werden, um die Bedrohung zu bewältigen, sind drastisch: Nach dem Geständnis des falschen Messias werden er und die Juden bestraft, enteignet und aus der Stadt vertrieben. Dabei ist die Strafe besonders erniedrigend. Die Juden und ihr Messias werden gezwungen, ein bekanntes Schmähbild nachzustellen: das der »Judensau«. Für seine Inszenierung werden sie dazu gezwungen, sich unter eine Sau zu legen, an ihren Zitzen zu saugen und ihre Exkremente zu essen: ein Schmähbild, das im Spätmittelalter weit verbreitet und als Steinrelief an vielen Kirchen zu sehen war – wie etwa an der Nürnberger Kirche St. Sebald. Es ist besonders demütigend, weil das Schwein im Judentum als unrein gilt und in der christlichen Tradition mit dem Teufel assoziiert wird. Das Spiel Der Juden Messias zielt darauf ab, die jüdische Minderheit in der Stadt als bedrohlich zu diffamieren und für ihre Vertreibung Rückhalt in der Bevölkerung zu schaffen. In den darauffolgenden Jahren wird dies zur bitteren Wirklichkeit: Der Stadtrat erhält die königliche Genehmigung, die jüdischen Bewohner*innen zu enteignen und aus der Stadt zu vertreiben. 1499 verlassen die letzten Jüdinnen und Juden Nürnberg.
Hintergrundbild: Darstellung Nürenbergs – Michael Wolgemut and Wilhelm Pleydenwurff, 1493; rechts: Blockbuch-Darstellung der Judensau, 15. Jh.