In Bedrohungssituationen werden Menschen Aspekte über die Gesellschaft bewusst, in der sie leben, über die sie vorher nie oder nur selten nachgedacht haben. Dabei können sich auch die Geschichten verändern, die Menschen über sich und andere erzählen und damit die Eigenschaften, die sie einander zuordnen. Die Grenzen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe können sich dadurch verschieben.
In Villariba führte das Sanierungsprojekt in einer Situation von Stigmatisierung und wirtschaftlichem Niedergang dazu, dass sich eine lokale Ordnung spalten ließ und sich die Menschen voneinander entfremdeten. Doch das muss nicht immer passieren: Andere Gruppen hingegen reagieren auf Bedrohungen, indem sie enger zusammenrücken, einander helfen und sich dem Ungemach renitent entgegenstellen.
Die Bevölkerung des österreichischen Ortes Kappel beispielsweise hätte sich sicherlich kaum vorstellen können, dass sich der Kaiser eines Tages daranmachen würde, ihre religiösen Rituale zu verbieten. Doch genau das versuchte Joseph II. in den 1780er Jahren und bedrohte damit Alltag und Seelenheil der gläubigen Kappeler. Geeint in Glauben, Ritual und stolzer Lokalidentität weigerten sich die Bewohner nachzugeben, getreu dem Motto: Wer nicht zu uns gehört, gehört zu denen. Die Behördenvertreter durften sich nunmehr aussuchen: Entweder sie sprachen mit allen oder mit keinem.